„Mein Herzensthema „Psyche“darf mehr sein als das, was wir täglich und im Gesundheitssystem erleben. Meiner Meinung nach gehört dieses wichtige Thema raus aus den verstaubten Behandlungszimmern und mit einer modernen Art und Weise fair behandelt. In unserem Fall heißt dies meist das Thema „Psyche“ überall dort anschaulich zu zeigen und positive Veränderung umzusetzen, wo Menschen gemeinsam leben und arbeiten.“
Christoph Fuchs
Das statistische Bundesamt weist mit einer Studie der DAK darauf hin, dass sich das Arbeitsunfähigkeitsvolumen aufgrund psychischer Belastungen und Erkrankungen in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht hat. Sind Mitarbeitende psychisch belastet oder erkrankt, wirkt sich das i.d.R. auf alle Lebensbereiche aus. Und vermutlich kennt es jeder selbst –im Joballtag gibt es Momente oder Phasen, die ganz schön aufs Gemüt schlagen. Hier ist es wichtig, sich selbst ernst zu nehmen: Der Erhalt der psychischen Gesundheit ist ein wichtiger Faktor der eigenen (langfristigen) Beschäftigungsfähigkeit und Lebenszufriedenheit. Mit Chris Fuchs habe ich über sein berufliches Herzensthema gesprochen und darüber, woran man Symptome feststellen kann und was jeder für sich tun kann, damit es möglichst gar nicht erst so weit kommt.
Florian: „Chris, Du bist klinischer Psychologe (M.Sc) und berätst mit Deinem Unternehmen Psycoon GmbH & Co. KG Unternehmen, Teams und Privatpersonen bei psychologischen Fragestellungen. Dein Buch „Endlich Psychologie verstehen“ (siehe Buchempfehlung unten) ist gerade frisch rausgekommen. Wir erklärt sich Deine Leidenschaft für die Psychologie und was genau ist der Psycoon Style?“
Chris: „Meine Leidenschaft für psychologische Themen begann früh und eher unfreiwillig in ihren Anfängen, meine Mutter war psychisch schwer erkrankt und ich versuchte selbst zu verstehen, was eigentlich mit ihr passiert und vor allem auch zu begreifen, warum es passiert. Der psychologischen Lektüre blieb ich auch über meine Zeit im Militär und dem Sport weiter verbunden und ergänzte zunehmend auch Wissen aus der Philosophie.
Über ein klassisches Psychologie Studium mit klinischem Schwerpunkt, Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Tageskliniken bin ich schlussendlich in der klassischen Psychotherapie für Erwachsene gelandet und habe aus der Zeit als Behandler in einer Akutklinik heraus, mit den dort gewonnenen Erkenntnissen PSYCOON gegründet.
Eine Beschäftigung mit Sportpsychologie entsprach zusätzlich meinen Interessen aus dem Hochleistungssport und rundete auch fachlich ein wenig mein Profil ab.
Der PSYCOON-Style ist eine aus dieser Entwicklung gewonnene Idee, dass mein Herzensthema „Psyche“ mehr sein darf als das, was wir täglich und im Gesundheitssystem erleben. Meiner Meinung nach gehört dieses wichtige Thema raus aus den verstaubten Behandlungszimmern und mit einer modernen Art und Weise fair behandelt. In unserem Fall heißt dies meist das Thema „Psyche“ überall dort anschaulich zu zeigen und positive Veränderung umzusetzen, wo Menschen gemeinsam leben und arbeiten.
Heute realisieren wir psychologische Hilfestellungen für Einzelpersonen auf einer Art und Weise, die so wohl einmalig ist. So betreue ich intensive (Genesungs-) Prozesse mit teils täglicher Betreuung und spannende Projekte individueller Persönlichkeitsentwicklung gleichermaßen wie persönliche Förderungen von Talenten und Führungskräften.
In Firmen bieten wir neben Schulungen, Konfliktlösungen und Betrachtungen von Team Dynamiken vor allem auch externe Sprechstunden für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an. Damit bekommen Betroffene schnelle, unkomplizierte und anonyme Hilfestellungen ohne jede Wartezeit auf einen Therapieplatz oder dergleichen. Nicht selten lassen sich dadurch gewonnene Erkenntnisse schlussendlich zu einer gesamtheitlichen Verbesserung der vorherrschenden Arbeitsbedingungen nutzen.
Besonders in kleinen Teams macht dies enormen Spaß, weil wir uns Zeit für jeden Menschen individuell nehmen können und somit oftmals überraschend große Veränderungen in geringer Zeit erreichen dürfen.“
Florian: „Welche Rolle spielt ein passender Job für die psychische Gesundheit?“
Chris: „Tage haben für uns alle 24 Stunden, 8 davon schlafen wir, weitere 8 sind die meisten von uns mit Arbeit beschäftigt, viele deutlich mehr – die restlichen 8 Stunden fallen uns vermeintlich für „das Leben“ in die Hände, dabei ist Anreise und Abreise zum Job, Vor- und Nacharbeiten usw. längst nicht mit eingepreist. Es wird bei derartigen Gleichungen schnell deutlich wie hoch der Anteil der Arbeit an unserem Leben und damit für unser Wohlbefinden ist. Demnach sind Faktoren wie Identifikation mit der Tätigkeit, Intimität zu Umfeld und Arbeitsumwelt, sowie ein Sinnerleben neben vielen anderen Faktoren große Bestandteile für ein glückliches Auskommen mit sich und dem eigenen Job.
Es scheint gerade deshalb nicht verwunderlich, dass eine übliche Art sich einander vorzustellen und darüber hinaus kennenzulernen immer noch die Abfrage von Namen, Alter, Beruf und Beziehungsstatus ist. Wir identifizieren uns demnach mit und über unseren Beruf, sei es aus Gründen des dahinter zu vermutenden sozialen Status oder eben aus gewohnheitsmäßigem Wunsch der alltagspsychologischen Orientierung darüber „wer jemand vermeintlich ist“, was wir eben nicht selten stereotyp daran festmachen, welchem Beruf jemand nachgeht.
Identifikation mit dem eigenen Beruf wird jedoch selten allein aus erwartetem Statusgewinn oder der Einträglichkeit des Jobs heraus hergestellt. Vielmehr wird über unser emotionales Erleben von Selbstwirksamkeit, Sinnhaftigkeit und daraus gewonnener Selbstwertschätzung bestenfalls ein Zugewinn für die eigene Psyche realisiert.
Dabei müssen wir uns klarmachen, dass es immer eine gesamtheitlich zu betrachtende Dynamik zwischen dem Einzelnen und seiner beruflichen wie privaten Umwelt ist, welche schlussendlich darüber entscheidet, ob eine berufliche Tätigkeit und Entwicklung sich zuträglich anfühlt oder nicht. Nur selten ist eine nachhaltige Verbesserung für Betroffene daher auf einer Ebene allein zu erzielen, es gilt aus Sicht des Psychologen immer die Bedürfnisse des Einzelnen, die Anforderungen der Umwelt und deren Interaktion miteinander zu betrachten, will man wirklich etwas verbessern.“
Florian: „Woran kann ich merken, wenn meine psychische Gesundheit angeschlagen ist, und was kann ich tun, damit es gar nicht erst so weit kommt? Und wie kann ich mich richtig verhalten, wenn ich eine psychische Überlastung bei Kolleg*innen vermute?“
Chris: „Hierbei gilt, was Oma oftmals schon predigte „Vorsorge ist besser als Nachsorge und Vorsicht immer besser als Nachsicht“. Mitunter sind es Gefühle von Traurigkeit, Sinn- und Wertverlust, aber auch allgemeine Schwierigkeiten in Kommunikation und Konzentration, die uns hellhörig und aufmerksam für Frühwarnzeichen machen sollten. Diese Anzeichen sind jedoch so individuell, dass es sich sehr schwer verallgemeinern lässt. Insgesamt lässt sich meist mit emotionalen „Abwärtstrends“ als Begriff arbeiten und davon ausgehend eine Veränderung besser beschreiben. Sollte ich derartiges also bei mir selbst feststellen, suche ich mir bestenfalls frühzeitig einen neutralen Gesprächspartner zur Einordnung dieser Entwicklung. Gerade dafür eignet sich beispielswiese eine oben angepriesene Mitarbeitersprechstunde optimal. Tipps in Richtung Achtsamkeit und Selbstfürsorge verpuffen meist deshalb, weil sie im jeweiligen Kontext eine gewisse Übung bei der Reflexion über die eigene Befindlichkeit voraussetzen. Derartige Grundkenntnisse lassen sich jedoch fantastisch und nachhaltig als Teams in Seminaren lernen und oftmals direkt umsetzen. Der Vorteil daran, wenn alle gemeinsam in einem Team derartige Prozesse lernen und die Dynamiken dahinter verstehen können, zeigt sich besonders bei deiner letzten Fragestellung. Ein gegenseitiges Verständnis für die Problematik senkt nicht nur die Hemmschwellen darüber zu reden, man kann den Verdacht, dass jemand belastet ist, viel eher auf Augenhöhe besprechen und ansprechen, wenn man aus derselben Basis und Sprache heraus kommuniziert.“
Florian: „Vielen herzlichen Dank für das Gespräch, lieber Cris. Deine Gedanken haben mich berührt und ich bin ganz stolz darauf, dem Thema „Psyche“ hier einen Raum geben zu können, den Du auf wundervolle Weise gefüllt hast. Es ermutigt, (weiter) darüber zu sprechen und somit noch viel mehr Räume zu öffnen – und das wünsche ich mir für uns alle. Ich wünsche mir, dass wir uns selbst und unserem Umfeld gegenüber achtsam sind und das fängt schon beim genauen „hinsehen“, „zuhören“ und „da sein“ an. Und wenn das nicht ausreicht, bzw. wenn es gar nicht erst so weit kommen soll, darf man auf Dich zugehen. Als Ratsuchende*r, als Führungskraft, als Organisation. Deine Kontaktdaten stehen am Ende des Beitrags.
Zur Person:
Kontakt: Chris Fuchs auf [LinkedIn]
Webpage: https://psycoon-beratung.de/
Buchempfehlung:
Fuchs, Christoph: Endlich Psychologie verstehen. Wie du mit der Psycoon-Methode Verständnis über deine Gefühle erlangst, Erkenntnis und Zufriedenheit gewinnst und einen fairen Umgang mit dir und deiner Psyche erlebst. Herausgeber: PSYCOON GmbH & Co. KG (28. Mai 2023).
Weitere Infos zum Buch findest Du [hier]
Quellen:
Statistisches Bundesamt: [Link]
DAK, Entwicklung der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Diagnosen in Deutschland in den Jahren 1997 bis 2021: [Link]
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