„Es ist besser, unvollkommene Entscheidungen durchzuführen, als beständig nach vollkommenen Entscheidungen zu suchen, die es niemals geben wird.“
Charles de Gaulle
Quelle
Soll ich oder soll ich nicht? Diese Frage stellen sich viele Menschen, wenn es um Karriereentscheidungen geht. In einer Arbeitswelt, in der Arbeitnehmer*innen ihre Karrieren selbstbestimmter und unabhängiger gestalten, ist die Relevanz von Karriereentscheidungen gestiegen. Doch wie können wir diese Entscheidungen bewusst treffen und Sicherheit gewinnen, dass wir die richtige Wahl treffen?
Psychologisch gesehen besteht der Prozess des Entscheidens darin, konkrete Optionen zu definieren, fehlende Informationen zu sammeln und diese Optionen dann zu bewerten. Daraus folgt die Handlungsabsicht, bzw. die Entscheidung. Dabei spielt der zu erwartende Nutzen eine wichtige Rolle. So weit, so einfach. Zu einfach. Ein Problem, auf das der amerikanische Sozialwissenschaftler Herbert Simon aufmerksam gemacht hat, ist dabei die Nutzenmaximierung. Sie kann häufig gar nicht erreicht werden, da „alle“ Alternativen und Konsequenzen letzten Endes immer ungewiss sind. Eine Lösung hierfür ist die Orientierung an der „Satisficing Rule“: Vor der Entscheidung wird überlegt, welche Ansprüche erfüllt werden müssen. Sobald eine Option diese Ansprüche erfüllt, wird diese gewählt. Demnach würde es beispielsweise nicht darum gehen, den „Traumjob“ zu ergattern, sondern das Angebot anzunehmen, welches die eigenen Ansprüche in der Phase am besten erfüllt. Indem das nächstbeste passende Angebot gewählt wird, wird verhindert überhaupt keine Entscheidung zu treffen.
Ressourcen einer guten Karriereentscheidung
Drei wesentliche Ressourcen einer guten Entscheidungsfindung in Karrierefragen sind Selbstreflexion, Offenheit für Veränderung und Perspektivvielfalt. Selbstreflexion bedeutet, dass Du Dir über Deine fachlichen und persönlichen Stärken, beruflichen Interessen und passende Jobs im Klaren bist. Offenheit für Veränderung ist notwendig, damit Du Dich auf neue Erfahrungen und Möglichkeiten überhaupt einlassen kannst. Und schließlich die Perspektivvielfalt: sie sorgt dafür, dass Du mithilfe anderer (z.B. Partner*in, Coach) die eigene Situation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtest und somit bspw. Deine Handlungsoptionen erweiterst.
Entscheidungsprobleme bei Karriereentscheidungen
Die folgenden drei Probleme beschreiben beispielhaft typische Spannungsfelder bei der Entscheidung in Karrierefragen:
- Intern vs. Extern: Wenn es um Karrierewachstum geht, stehen Arbeitnehmende oft vor der Entscheidung, ob sie innerhalb des Unternehmens den nächsten beruflichen Schritt gehen wollen oder sich bei einem anderen Unternehmen bewerben soll(t)en.
- Präsenz vs. Remote/Virtuell: Immer mehr Jobs sind virtuell oder können remote ausgeführt werden. Dies kann eine schwierige Entscheidung sein, da sowohl Vor- als auch Nachteile mit beiden Optionen verbunden sind.
- Karriere vs. Work-Life-Balance: Ein weiteres häufiges Dilemma bei Karriereentscheidungen ist die Entscheidung zwischen Karrierewachstum und einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Auch wenn diese Spannungsfelder nicht per se im Widerspruch miteinander stehen müssen, erfordert das Vorantreiben der eigenen Karriere häufig doch mehr Zeiteinsatz und ist grundsätzlich intensiver.
Störfaktoren bei Karriereentscheidungen
Es gibt eine Reihe von Störfaktoren, die bei Karriereentscheidungen auftreten können und eine kluge Entscheidungsfindung erschweren. Hier sind einige Beispiele:
- Entscheidungsparalyse: Wenn die Entscheidung zu wichtig erscheint oder wenn zu viele Optionen verfügbar sind, kann dies zu einer Entscheidungsparalyse führen. Auch Unentschlossenheit führt dazu, dass Menschen sich überfordert fühlen und am Ende gar nicht entscheiden. Sie kann vermieden werden, indem Du Dich auf die wichtigsten Kriterien und Ziele konzentrierst und Dir Zeit gibst, um Informationen zu sammeln und Optionen abzuwägen.
- Entscheidungsbias: Entscheidungsbias tritt auf, wenn eine Person aufgrund ihrer persönlichen Überzeugungen oder Vorurteile Entscheidungen trifft. Dies kann dazu führen, dass eine Person eine Option wählt, die nicht unbedingt die beste ist, nur weil sie mit ihren Überzeugungen übereinstimmt. Dieses Risiko kannst Du minimieren, indem Du Deine wesentlichen Gedanken in der Entscheidungsfindung kritisch hinterfragst und Fakten sammelst.
- Emotionale Belastung: Emotionale Belastungen können sich negativ auf gute Karriereentscheidungen auswirken, da sie die kognitive Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit zur rationalen Entscheidungsfindung beeinträchtigen können. Wenn eine Person unter starkem emotionalem Stress steht, kann sie Schwierigkeiten haben, Informationen zu verarbeiten und Prioritäten zu setzen. Dies könnte zu unklugen oder impulsiven Entscheidungen führen (z.B. Kündigung aus Frust). Umso wichtiger ist es, in Zeiten hoher emotionaler Belastung Zeit für Selbstpflege und Achtsamkeit zu finden. Emotionale Belastung solltest Du nicht ignorieren, sondern sie als wichtigen Faktor in die Entscheidung einbeziehen und Dir gegebenenfalls Unterstützung suchen.
Dilemmata und Trilemmata bei Karriereentscheidungen
Dilemmata und Trilemmata sind häufige Probleme bei Karriereentscheidungen. Ein Dilemma ist eine Situation, in der man zwischen zwei gleichwertigen Optionen wählen muss, während ein Trilemma drei gleichwertige Optionen zur Auswahl stellt. Dilemmata und Trilemmata können bei Karriereentscheidungen häufig auftreten, da man oft zwischen verschiedenen Optionen abwägen muss, die jeweils Vor- und Nachteile haben. Ein Beispiel für ein Dilemma bei einer Karriereentscheidung könnte sein, ob man eine gut bezahlte Stelle bei einem Unternehmen annimmt, das jedoch für seine fragwürdigen Geschäftspraktiken bekannt ist, oder ob man eine weniger gut bezahlte Stelle bei einem ethisch einwandfreien Unternehmen wählt. Ein Beispiel für ein Trilemma könnte sein, wenn man sich zwischen einer Karriere in einem lukrativen, aber unerfüllenden Beruf, einem erfüllenden, aber schlecht bezahlten Beruf oder einem mittelmäßigen, aber stabilen Beruf entscheiden muss. Gerade Dilemmata und Trilemmata führen zu Überforderungen in Entscheidungssituationen, da der direkte Vergleich zwei oder mehrerer Optionen nicht unmittelbar weiterhilft.
Gewichtete Entscheidungsmatrix
Eine bewährte Methode, um bei schwierigen Entscheidungen (z. B. Dilemmata) vorzugehen, ist die gewichtete Entscheidungsmatrix. Dabei bewertest Du verschiedene Optionen anhand von zuvor festgelegten Kriterien. Zunächst müssen alle relevanten Kriterien gesammelt werden. Im nächsten Schritt gewichtest Du Deine Kriterien, um ihre Bedeutung für die Entscheidung insgesamt zu bestimmen (z. B. „wie wichtig ist mir die Sinnhaftigkeit eines Aufgabengebietes bei meiner Karriereentscheidung? Wie wichtig sind hingegen die Rahmenbedingungen? Etc.).
Anschließend bewertest Du die Optionen anhand der Kriterien und jeder Bewertung wird das entsprechende Gewicht zugewiesen. Schließlich addierst Du alle Bewertungen und die Option mit der höchsten Gesamtpunktzahl ist die „beste“ Wahl.
Ein Template zur gewichteten Entscheidungsfindung findest Du mit einem Beispiel [hier].
Auch wenn die gewichtete Entscheidungsmatrix den Kontext der Entscheidung genauso wenig berücksichtigt, wie emotionale Aspekte, bietet sie eine Reihe von Vorteilen. Das Tool ist universell bei Entscheidungsproblemen einsetzbar, bringt Transparenz in komplexe Karriereentscheidungen und bietet die Grundlage für ein gutes Narrativ, wenn die Entscheidung ggü. Dritten (z. B. Vorgesetzten) begründet werden soll.
Zu guter Letzt
Entscheidungen zu treffen kann schwierig sein. Insbesondere wenn es sich um komplexe Entscheidungen mit gewisser Dynamik, Intransparenz, mehrere Optionen etc. handelt. Dies trifft in der Regel auch auf Karriereentscheidungen zu. Es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen, und es gibt keine perfekte Lösung. Ob eine Entscheidung die richtige ist, wird sich immer erst in der Rückschau bewerten lassen. Und gleichwohl helfen Selbstreflexion oder die Festlegung einer hilfreichen Strategie dabei, fundierte und vor allem bewusste Entscheidungen zu treffen.
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Quellen
Zimbardo, Philip G., Gerrig, Richard J., Psychologie; 7. Auflage Springer Verlag, 2003
Entscheidungsmatrix: www.komfortzonen.de/entscheidungs-matrix-template-vorlage/
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